Der angekündigte Starkwind, dem ich gestern entkommen bin, kam noch, aber später als angekündigt. Es handelte sich um eine Warmfront, die von ihrem Verfolger, der Kaltfront fast eingeholt war. Gerne stand ich, von dem Gepfeife und Geschaukel um 01:30 Uhr aufgeweckt auf und kontrollierte mal, dass es meiner Landleine gut ging. Ich hatte diese in dieser Erwartung als Außenliegender im Zweierpäckchen, am Abend noch ausgebracht. Die Achterleine hatte zu tun, aber ihr ging es blendend. Also legte ich mich auch wieder hin.

Die am Abend ausgebrachte Achterleine, völlig gelangweilt hängend, am nächsten Morgen

Ich war zu spät aufgestanden und ärgerte mich deswegen über mich selbst. Dann war der Hafenmeister erst um 08:30 da, den ich brauchte, um bezahlen zu können. Bis ich dann fertig war, war es kurz nach 09:00 Uhr und die Tide würde um 09:20 Uhr kippen und ich die Flut wieder gegen mich haben. Das ist Mist!

Die Fischerbalje, dieses Mal auf meiner Steuerbordseite

Ich lief aus, hatte noch etwa 30 Minuten das Wasser mit mir, bis ich langsam wieder alles von Vorne bekam. Segeln konnte ich noch, bis ich an Borkum Stadt vorbei war, dann musste ich den Motor nehmen, da ich hier das Fahrwasser nicht verlassen konnte. Es stand schon eine unangenehme Welle und ich war kurz davor, gar nicht loszufahren, da auf UKW Wind mit Stärke 5-6 in Böen 8 (!) versprochen wurden. Bereit für Grenzerfahrungen und den Termin in Amsterdam im Nacken, ging ich aber doch raus.

Während der Motorenfahrt, oder besser dem Gehackte und Gestampfe bei Motorlärm, brachte ich es noch fertig, einer Telefonkonferenz beizuwohnen.

Als es Steuerbord tief genug wurde, drehte ich aus dem Wind und begann gegen den Strom von locker 1,8 Knoten und den Wind mit (nur) 15-20 Knoten anzukreuzen. Bescheuert! Ich machte vielleicht 2 Knoten in die Richtung gut, aus der Wind, Flut und Wellen, erneut in perfekter Harmonie vereint kamen und in die ich musste.

Meiner Reiseplanung tat das aber nicht gut. Ich kam an den Punkt, wo es keinen Sinn ergab, wieder zurückzufahren. Gleichzeitig warnte der Revierführer aber ausdrücklich davor, die Zufahrt über das Watt im Dunkeln zu versuchen, wenn man nicht gerade revierkundig und ausgemachter Experte für Ansteuerungen bei Nacht ist. Beides traf auf mich nicht zu und gegen 14:00 Uhr verlor ich die Nerven und schmiss die Maschine an, um nicht die Nacht auf der Nordsee verbringen zu müssen. Einen tidenunabhängigen Hafen für einen Plan B hatte ich am Vorabend nicht ausmachen können.

Es tut mittlerweile sehr weh, die Maschine anzuwerfen. Ich habe in Amsterdam den 50 Stunden Maschinencheck. Es wird das Öl vom Getriebe bzw. Saildrive gewechselt (vermute, das ist dann voll mit Abrieb, wie es früher bei den Autos auch war) und man prüft, ob alles noch am rechten Platz ist. Über den 50h bin ich leider bereits drüber und möchte nicht meine Garantie riskieren.

Also zwei Stunden genau gegen meine drei Gegner mit Maschine angestampft. Bei 2-3 Metern Welle, kann das schon mal laut krachen. Ich fand aber, dass sich mein Clipper dabei für seine 10,6 Meter Länge tadellos hielt.

So war es in etwa im Mittel. Szenen, wie diese, lassen sich aber kaum per Video transportieren.

Es war dennoch überaus deprimierend, nur so weiterzukommen. Aber bevor ich beim Kreuzen in Schönheit sterbe… dann lieber so.

So kam ich bei der Zufahrt der Rinne an, die mich nach Lauwersoog führen sollte. Ich meldete mich brav bei der Revierzentrale an, wie es in Holland wohl verlangt ist. Ich gab meine Daten durch, wurde später noch, vor einem herannahenden Lotsenboot gewarnt, das kurz darauf an mir vorbeischoss und das war es dann mit der Kommunikation zwischen denen und mir. Der Rest war niederländisch und ich verstand kaum ein Wort.

Durch meinen Süd-Ostkurs konnte ich endlich auch wieder den Motor abstellen und Segeln. Welch eine befriedende Wohltat, den Krach nicht mehr zu haben. Ich glitt bald darauf in dem immer schwächer werdenden Schwell durch das niederländische Wattenmeer, folgte auf den Zentimeter, der gut auszumachendem Betonung und kam hierbei richtig runter. Die Enttäuschung über den missglückten Kampf gegen Wind und Strömung wich einer inneren Ruhe und Frieden. Es stört mich noch nicht mal, das auch hier wieder, die zwischenzeitlich gekenterte Gezeit gegen mich lief und mich 1-2 Knoten kostete. Die gab ich gerne von meinem still und friedlich durch Windkraft erzeugten 6 Konten her.

Der kommt erst wieder bei der nächsten Flut weiter.

So kam ich in der Dämmerung nach Lauwersoog, legte an einem freien Fingersteg an, bezahlte die Nacht am Automaten und habe schon eine leise Ahnung, wie es morgen weitergehen wird.

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