Ab 05.03.2023 – 31.03.2023

Es sollten fast 5 Monate werden, in denen das Boot im vor Wind und Welle gut geschützten Lefkada zurückbleibt, während Filip und ich vorübergehend in Clippers Heimathafen Mainz sesshaft werden und uns komfortabel in einer provisorischen Landunterkunft einrichten.

Komfortabel allein deswegen, weil man bei Regen und Sturm einfach die Decke über den Kopf zieht, das Wasser stets aus der Leitung kommt, ohne dass man ein Auge auf den Füllstand des Wassertanks und Alter der Wasserfilter haben muss. Gleiches gilt für Gas und Strom. Es war eine angenehme Winter-Segler-Auszeit, in der ich in meinem Homeoffice exzessiv arbeitete, wir den Luxus eines elektrischen Backofens der Küche gerne zum Brotbacken nutzten und es uns allgemein ohnehin gut gehen ließen. Im ebenfalls kalten und regnerischen Ionischen Meer verpassten wir derweil nicht viel.

RYA Yachtmaster

Je näher für mich aber die Zeit zur Rückkehr auf den Clipper kam, desto mehr kribbelte die Vorfreude. Bevor es so weit war, hatte ich aber noch etwas Theorie geplant. Vor einem Jahr war ich auf Malta für den Theoriekurs des Yachtmaster Ocean, bei dem es maßgeblich um die Astronavigation ging.

Dieses Jahr war der Theorieteil des Yachtmaster Offshore an der Reihe. Dabei wurden, neben sehr vielen anderen Dingen, vorwiegend die 38 Regeln der Kollisionsverhütungsregeln (KVR, bzw. Convention on the international regulations for preventing collisions at sea (COLREG)), das Navigieren in Tiedengewässern und die Passageplanung besprochen und geübt. Für diese drei war jeweils auch eine Prüfung abzulegen. Insbesondere die Regeln der KVR musste ich allerdings bereits in Mainz so lernen, dass sie beim Kurs weitestgehend sitzen.

So weiß ich nun zum Beispiel, dass es sich bei diesem Fahrzeug…

…um die Steuerbordseite eines manövrierbehinderten Schleppverbands von über 200 m Länge, gemessen vom Heck des wahrscheinlich mindestens 50 Meter langen Schleppers bis zum Heck des letzten geschleppten Fahrzeugs handelt, und eben nicht um ein aufrecht im Wasser stehendes Lotsenboot vor Treibanker bei Vollmond, mit angetrunkenem und daher benebeltem Maschinisten, das 123 Meilen Länge nicht überschreitet und das man zwar überfliegen, aber um Mitternacht nicht untertauchen darf, falls es während einer Sonnenfinsternis neben 3,5 Gongs vom Vordeck auch 8 Trompetenfanfaren pro Sekunde vom achteren Peildeck von sich gibt!

Wer jetzt intuitiv auch eher an Letzteres dachte und daher den unbändigen Wunsch verspürt, dreierlei ebenfalls spontan lernen zu wollen, dem empfehle ich zum einen die Seite von Harald Blazy, von dem ich die Grafik entliehen habe und der eine ganze Menge rund um den Stoff SKS, SSS oder eben analog auch den RYA Yachtmaster anschaulich aufbereitet hat. Zum Lernen von Lichterführung und Schallsignalen habe ich die kostenpflichtige IOS App Master Nav verwendet, mit der ich den Kram in Mainz in meinen Kopf brachte, vorzugsweise während Filip gleichzeitig auf dem Klavier improvisierte und so nebenbei eine extrem gemütliche de luxe Lernatmosphäre erschuf.

Malta im März war dann ohnehin nicht das Schlimmste, was einem aus Deutschland kommend passieren kann.

Bei dem schönsten Panorama saßen wir dann aber doch täglich von 9 Uhr bis gegen 18 Uhr im Konferenzraum und ließen die Köpfe qualmen.

Wiedersehen in Athen

Nach einer Woche und drei Prüfungen ging es mit einem Ryanair Direktflug von Malta nach Athen, wo ein wunderbares Wochenende mit meinem Freund Nikku aus Wien auf mich wartete.

Wir hatten uns 1,5 Jahre nicht gesehen, was in erster Linie meine Schuld war, da ich mich ja ständig an und zwischen den europäischen Küsten herumtrieb und schwer zu fassen war. So trafen wir uns dann eben in Athen.

Wir hatten ein tolles Wochenende und uns natürlich sehr viel zu erzählen, was wir unter gleichzeitiger Inanspruchnahme der reichlich vorhandenen gastronomischen Angebote bis spät in die Nacht taten. Ich konnte es dennoch am Sonntag kaum noch abwarten, endlich zurück zum Boot zu kommen. Am Nachmittag wünschten wir uns dann ein Wiedersehen und ich nahm den Bus nach Lefkada, wo ich nun schließlich um Mitternacht ankomme.

Heimkehr

Ich hatte mir vorab ein Hotelzimmer in der Marina genommen, da ich an Bord noch kein Wasser habe, solange Tank und Leitungen noch nicht desinfiziert sind. Das mache ich immer, wenn ich nach langer Abwesenheit wieder zurückkomme. Außerdem weiß ich ja allgemein nicht, was mich erwartet. So lange war der Clipper noch nie allein. Ein paar Tage zuvor gab es hier noch beeindruckend schlechtes Wetter mit Böen in Sturmstärke. Machen konnte ich aus der Entfernung nichts. Um so gespannter bin ich nun, was ich vorfinden werde.

Ich komme mit meinem Gepäck am Hotel an. Ein Nachtportier übergibt mir freundlich, aber wortlos meine Schlüssel. DAS habe ich so auch noch nicht erlebt. Er erwartet noch einen Gast. Es kommt jemand mit Gepäck zur Tür rein, den er nicht kennt. Also bekommt dieser Ankömmling, in dem Fall ich, den Schlüssel. Das nenne ich mal Bürokratieabbau in seiner vollendeten Form.

Das Gepäck wird flüchtig auf dem Zimmer abgestellt und im Stechschritt geht es zur Pier. Eine Sekunde denke ich, das Boot ist weg. Aber es liegt einfach nur etwas weiter hinten, als mir die Erinnerung weiß machen möchte. Da liegt er nun friedlich da und sieht in der Nacht aus, als hätten wir ihn gerade erst zurückgelassen.

Ich begebe mich behutsam an Bord, schließe auf und schaue mit dem Licht des Handys erst einmal vorsichtig hinein. Huschen irgendwelche Insekten umher? Steht Wasser im Schiff? Schimmel?

Nein. Alles ist in allerbester Ordnung. Filip hatte sich im letzten Oktober viel Mühe gegeben, den Clipper winterfest zu machen, während ich bereits in Deutschland war. Nachdem ich meine Inspektion beendet habe, finde ich doch tatsächlich noch eine vergessene Dose Bier und die ist nun auch definitiv dran. Selig mache ich sie auf und verkünde der Welt, dass ich wieder an Bord bin.

Einzig die Starterbatterie sieht nicht mehr gut aus. Der Clipper war nicht am Landstrom, sondern bekam während der vergangenen Monate seinen Strom ausschließlich aus den Solarzellen, die aber nicht die Starterbatterie versorgen, die ausschließlich zum Starten des Motors vorgesehen ist. Die werden wir die kommenden Tage mal überprüfen.

Ich gehe jetzt aber erst einmal hocherfreut zurück zum Hotel. Am kommenden Tag ist einiges an Arbeit vorgesehen, um den Clipper wieder aus seinem Winterschlaf zu holen. Am nächsten Morgen bleibe ich aber erst mal noch im Hotel, um einen beeindruckenden Regenschauer abzuwarten, der sich über Lefkas ergießt.

Wartung und Instandsetzung

So sieht das hier also aus, wenn es regnet. Bei Tageslicht zeigt sich dann auch, dass das Boot im Detail doch sichtbare Zeichen des Protests aufgrund seines Einsamkeit zeigt. So haben die an Deck liegenden Leinen Moos angesetzt…

…und ein Ruckdämpfer in einer Landleine hat aufgegeben und war gerissen, was dann doch zeigt, dass hier einiges an Bewegung gewesen sein muss.

Auch der Regen war fleißig. Ich weiß nicht, welcher Natur diese Flecken sind, aber das muss weg und wird mit Wasser und Schwamm beseitigt:

Ich tausche die noch in Argostoli auf Kefalonia geschundenen Fenderkleider aus, die ich neben einigen anderen Dingen aus Mainz mitbrachte.

Bei der Inbetriebnahme des großen Wasserfilters von Lilie muss ich dann feststellen, dass die Ersatzkartuschen 1–2 mm zu lang sind. Ich bekomme das Filtergehäuse nicht wasserdicht zu, dass extrem verwinkelt und schlecht erreichbar unter dem Waschbecken des Badezimmers versteckt ist. Eine Schinderei, bis ich erkenne, dass der Fehler gar nicht bei mir liegt.

Damit kann man sich mal eine halben Tag aufhalten, bis dann auch die Mail an den Hersteller raus ist, der zunächst auch hilfsbereit antwortet, sich dann aber mit weiteren Informationen versorgt, in Schweigen hüllt. So ist mein aktuelles Tagwerk.

Aber ich ziehe wieder an Bord ein und bin glücklich, den Regen nun aus der folgenden Perspektive genießen zu dürfen.

Eine größere Sache steht ebenfalls an. Die Nähte der Lazybags haben so sehr unter UV Licht und Abnutzung gelitten, dass es höchste Zeit wird, diese einer Reparatur zuzuführen. Die Lazybags sind zusammen mit den Lazyjacks ein Segeltuch- und Leinensystem, das zum einen das Großsegel vor UV-Strahlung schützt und zum anderen dasselbe auffängt, wenn man es niederholt.

Diese Konstruktion mit all ihren haltenden Leinen, den eingebauten Latten und Knöpfen habe ich noch nie angefasst. Never change a working System. Wer weiß, ob ich es wieder zusammen bekomme, wenn ich erst mal alles abgebaut habe.

Von einer gewissen Serviceerwartung erfüllt, gehe ich zum örtlichen Segelmacher und erlebe Spannendes. Es sitzen da zwei Damen. Die eine, freundlich und gut gelaunt begrüßt mich fröhlich. Daneben ihre Kollegien, die bei meinem bloßen Anblick die Zähne fletscht und mich drohend anknurrt.

Die gut gelaunte Dame ist für alles rund um das Rig zuständig. Ich äußere meine Wünsche, sie nimmt alles gut gelaunt inklusive meiner Kontaktdaten auf. Ich fühle mich gut beraten, freue mich auf die Dienstleistung und höre nie wieder etwas von ihr.

Dann muss ich zu dem schlecht gelaunten Wolf. Es erfolgt ein Verhör mit knappen und präziesen Fragen, warum ich auf den abwegigen Gedanken gekommen bin, es zu wagen, ihre geheiligten Kreise zu stören. Ich verstehe, dass ich seiner Majestät gerade noch gefehlt habe. Ich beschreibe kleinlaut mein Ansinnen bezüglich der Lazybags und auch eines eingerissenen Reisverschlusses eines Sonnensegels und bekomme so etwa zur Antwort, ich soll das alles dann halt in Gottesnamen vorbei bringen.

Ich schleiche verängstigt zurück zum Boot und mache mich eben selbst an die Arbeit. Es ist ja am Ende kein Hexenwerk. So sieht dass dann aus, wenn nichts mehr das Segel auf dem Baum hält.

Ich fixiere das Segel mit Zeisingen auf dem Baum und ich mache mich stolz auf den Weg zurück. Unterwürfig betrete ich die Audienzhalle und bleibe entsetzt stehen. Der Wolf ißt! Die Erkenntnis ihn beim Essen zu stören lässt meine Knie weich werden. Zum einen ist das ja gut, so stehen die Chancen besser, dass ich nicht selbst Gegenstand der Nahrungsaufnahme werde. Ich fürchte aber, weiteren Groll auf mich zu ziehen. Zu meiner Erleichterung wird aber nur mit einer Handbewegung bedeutet, mein Paket zu ihren Füßen abzulegen, was ich Gehorsam tue. Da ich mich fortwährend verneige, ist der Weg nach unten eh nicht weit.

Dann muss ich noch die unwirsche Frage beantworten, was mit dem Sonnensegel ist. Ich kann in meiner Panik nur noch stottern und stammle verzweifelt, dass ich das Sonnensegel nicht abbekommen habe. Statt einem Donnerwetter passiert etwas völlig überraschendes: Seine Majestät huscht ein Lächeln über das Gesicht. Ich verstehe, dass ich einmal etwas richtig gemacht habe, indem ich weniger Arbeit als erwartet gebracht habe, nachdem mein erster Fehler schon war, überhaupt in ihre Nähe zu kommen. Ich verschwinde, so schnell ich kann. Die Arbeiten werden dann pünktlich erledigt und im weiteren Verlauf vertragen wir uns prächtig. Sie hatte wohl wirklich einen schlechgten Tag.

Am nächsten Morgen reinige ich die Dusche. Die Bodenplatte des Abflusses ist noch abgenommen, hinter der ich gereinigt hatte. Ich lasse Wasser in die Dusche laufen und schalte die Pumpe an, um selbiges abzupumpen. Im selben Moment spritzt mir das Wasser aus dem Abfluss wider entgegen. Es ist diese Art der Pumpe, die durch ihre Konstruktionsweise nicht nur saugt, sondern auch drückt. Die Pumleistung entsteht dadurch, das eben mehr gesaugt als gedrückt wird. Ich verstehe, dass das abmontierte Bodenblech nicht nur Zierde ist.

Ich stelle die Pumpe ab, wische das verspritze Wasser vor der Dusche auf und lasse das restliche Wasser erst mal in der Dusche stehen, denn da kommt schon der bestellte Techniker, um mit mir vor Ort meine umfangreiche Liste an Arbeiten durch zu gehen, für die ich gerne Hilfe hätte. Wir reden über den defekten Gasmelder, das Seitenfenstern, dass ich mir mit der Schot des Code Zero bei Sizilien verbogen habe, den Schimmel in der Vorpiek, die Sicherung der Lichtmaschine, die ständig durchbrennt, das neue Antifouling, die Politur des Rumpfs, das defekte Bugstrahlruder, die Reinigung des Schwarzwassertanks und die neuen Schläuche in denselben. Es sind viele Punkte.

Die Dieselheizung läuft währenddessen und da sie das selten tut, ist ein leichter Geruch im Boot, ähnlich eines Brandgeruchs. Das verschwindet, wenn die Heizung irgendwelche Rückstände des vorangegangenen Brennvorgangs abgebrannt hat. Der Geruch macht ihn jedoch leicht nervös, seine ersten Worte: „Sie haben ein Problem mit ihren Batterien“. Ich kläre ihn entspannt über die Herkunft des Geruchs auf und betrachte die Sache damit als erledigt.

Während wir reden geht irgendwo im Boot auf einmal ein leiser Piepen los, den ich nicht zuordnen kann. Ich bin ratlos, da ich dachte, ich kenne alle technischen Warn- und Fehlertöne, die der Clipper so von sich gibt. Der Techniker öffnet beklommen die Außentür.

Wir beginnen zu suchen, aber der Ton ist leise und hell und wir bekommen seine Herkunft zunächst nicht lokalisiert. Er kommt irgendwo aus dem Vorschiff. Ich kontrolliere die Bilge im Bad, sie ist furztrocken. Wir öffnen Schränke und Schapps. Der Ton bleibt gleich. Schließlich, nachdem wir bereits anfangen dieselben Orte immer wieder zu kontrollieren, das Piepen aber beständig bleibt, nehme ich die Bodenplatte im Vorschiff auf, in dem nur die Seekarten liegen, die aktuell nicht in Verwendung sind. Und tatsächlich! Unter einem Berg von Seekarten fische ich einen der Wassermelder heraus, den ich dort vor langer Zeit deponiert hatte, und der unter den nun feuchten Seekarten mit schwacher Batterie sein Weh klagt: Meine Füße sind nass, piiiep, meine Füße sind nass, Piiiep…

Wieso steht den jetzt da auf einmal Wasser und warum rinnt es sogar nach? Mir kommt die Dusche in den Sinn. Ich öffne dieselbe und siehe da! Dort steht kein Wasser mehr! Es ist, während wir redeten, durch die Bohrlöcher der Bodenplatte des Abflusses eine Etage tiefer in die Bilge geflossen und sucht sich nun dort seinen Weg durch das Boot.

Der Techniker ist eine Spur mehr erleichtert als ich. Wie er mir nun mitteilt, hat die Kombination aus gemeldetem defekten Gasmelder, komischen Geruch, einem elektronischen Problem, das auf der Liste stand und einem unspezifischen Alarm ihn die Tür öffnen lassen, damit das vermeintlich tödliche oder explosive Gas aus den vermeintlich defekten Batterien entweichen kann. Er war dann relativ schnell weg und ward auch nicht mehr gesehen.

Ich entdecke eine Wartungsklappe unter der Dusche und bin der Siriuswerft dafür unendlich dankbar. So komme ich unter die Dusche und kann das Wasser dort raus feudeln, dass dann auch aufhört, sich durch Ritzen im Boot weiter vorzuarbeiten.

Die Liveaboards

Während ich in diesen Tagen am Boot so vor mich werkle, spricht mich Hans im Vorbeigehen an. Hans ist Niederländer und Militärpolizist im Ruhestand. Er segelt eine Ketch, die das Licht der Welt 1971 erblickte und die er langsam fit macht, um damit in die Karibik und vielleicht darüber hinauszusegeln.

Ich mache mit ihm dann freitags eine Tour durch den Clipper, für den er sich sehr interessiert. Er nimmt mich anschließend mit zu der im Winter einzig geöffneten Kneipe der Marina, wo er mich zu der wöchentlichen Happy Hour in die Gemeinschaft der Liveaboards einführt, die hier ebenfalls auf ihren Booten leben und auf die neue Saison warten. Ich lerne neue Kategorien kennen. Da sind zum einen die Liveaboards, also jene eher lokal operierende, aber an Bord lebende Segler, die ich hier fast ausnahmslos antreffe. Filip und ich gehören dagegen zu der Kategorie der Cruiser, da wir von Ort zu Ort ziehen, ohne sesshaft zu sein. Das ist auch noch ok. Dann gibt es aber noch die Charterer. Also die Crews, die sich ein Boot für eine Woche chartern und von denen sich alle versuchen fernzuhalten. Die Rede ist von charter holes, also Ecken, in denen diese vorwiegend anzutreffen sind und dort durch viel Party, die doch eher gesetzten Liveaboards vom Schlafen abhalten.

Mir schwirrt der Kopf vor Namen. Es sind hauptsächlich Briten, zwei bis drei Niederländer und ein deutsches Paar. Anschließend geht es noch zum Irish Pub, das an diesem Tag erstmals wieder die Pforten geöffnet hat. Die Gespräche werden bierselig und mir kalt, da ich nicht auf eine längere Zeit im Freien am Abend eingerichtet war. So kehre ich zurück an Bord, nicht ohne noch vorher meine Anmeldung zum sonntäglichen Wandern abgegeben zu haben.

Am Sonntag holt uns dann ein kleiner Bus ab, setzt uns irgendwo auf der Insel wieder aus und wir folgen einem Wanderweg in schöner Natur. Immer wieder überqueren wir dabei einen kleine Fluss, über den man hölzerne Brücken gebaut hat, welche man aber bedauerlicherweise direkt nach dem Bau vergaß. Die Querung wird zunehmend eine Aufgabe, deren sich Teile der Gruppe schließlich aufgrund der immer desaströseren Zustände verweigern.

Das war auf den Kanaren und Madeira anders. Leider finden wir dann auch weitere landschaftliche Merkmale, die wir nur bedauernd zur Kenntnis nehmen können.

Ich erfahre bei der Wanderung, dass die Insel recht spät zu Griechenland zugehörig wurde. Man war sich mit Athen nicht grün, was die Zentralregierung mit Ignoranz goutierte. Damit blieb die Insel so bettelarm, dass im Rahmen von Entwicklungshilfe Ställe für die gerade angesiedelten Ziegen erbaut wurden, die die Ziegen aber nicht beziehen konnten, da nach Fertigstellung die Bauern selbst dort einzogen. Die neuen Ställe waren einfach viel wohnlicher als die eigene Hütte. Jeder Ort hat so seine spannenden Geschichten.

Die Liveabords haben sich organisiert. Sonntag ist, wie zuvor erwähnt, Wandertag. Samstag ist Segler- Flohmarkt, Dienstag Filmabend, donnerstags Skippers aid, bei dem Vorträge zu allerlei Interessantem gehalten werden. Es gibt Tanzstunden und eine Art Quizabend, bei dem Fragen geklärt werden, wie welcher britische Leichtathlet 1980 die Silbermedaille im Zehnkampf gewann. Ich halte mich hier zurück und widerstehe auch dem intensiven Werben, bei der Tanzveranstaltung, es herrscht der übliche Frauenüberschuss, teilzunehmen. Auch dem Singen bleibe ich fern, schätze aber dennoch sehr, ein sehr kleiner Teil dieser Gemeinschaft sein zu dürfen.

Ein weiterer Höhepunkt war dann das Barbecue. Jeder bringt Salat und sein Grillgut mit. Die Getränke kommen vom Café Porto und wie verleben einen entspannten Tag am Hafen.

An Land

Für den neuen Unterwasseranstrich muss das Boot nach längerer Zeit mal wieder aus dem Wasser. Ich stapfe zum Marinabüro, um den Termin für das Kranen zu machen. Den Termin bekomme ich auch, nebst den dafür so veranschlagenden Kosten. Man ruft unglaubliche 850 EUR auf. Anstatt ihnen zu sagen, was sie mit ihrem Kran machen können, bezahle ich das auch noch und fühle mich wie ausgeraubt. In Portugal wurde gerade mal ein Drittel dafür verlangt! Mein Klagen bei den Liveaboards trifft auf fürsorgliches Verständnis. Es wird hier jeder ausgeraubt und die Marina geht mit den Leuten im Allgemeinen nicht zimperlich um. Die Jahrespreise wurden unlängst um 30 % erhöht. Wem es nicht passt, kann ja gehen. Die Charterflotten verdienen der Marina das Geld, und machen im Winter keine Arbeit.

Am Mittwoch, dem 15. März, geht es los. Hans hat seine Hilfe angeboten und kommt um 9 Uhr morgens an Bord. Der Kran ist zwar erst um 11 Uhr, aber ich dachte mir, wir fahren noch mal ein wenig den Kanal herunter, schmeißen den Anker, nehmen einen Kaffee und fahren danach wieder zurück, um das Boot aus dem Wasser heben zu lassen. Der erste kleine Törn dieses Jahr. Ich bin ganz aus dem Häuschen vor Glück. Gesagt, getan. Ich habe alles vorbereitet, die Leinen sind bereits auf Slip, als Hans an Bord kommt und wir verlassen kurzerhand den Liegeplatz. Endlich ist wieder Bewegung im Boot.

Mein Hochgefühl wird jäh von einem Alarm unterbrochen. Wieder einmal. Dieses Mal ist es aber dringlicher und ich kann ihn sofort zuordnen. Der WPC, die gute Seele für den elektrischen Service-Strom an Bord, beschwert sich erbost und nachhaltig:

Ich weiß mir nicht zu helfen. Der Alarm bleibt und ich erkenne nur, dass ich zu viel Strom im Netz habe und die Batterien fortwährend abschalten, um sich davor zu schützen. Ich probiere einiges an den Einstellungen, bekomme das Problem aber über die Software nicht in den Griff. Erst die Eingebung, die Sicherung zu ziehen, die ein Relais schaltet, das dann dem System vorlügt, dass die Maschine gar nicht läuft, womit auch kein Strom mehr entgegengenommen wird, führt zur Beruhigung der Lage.

Einige Tage später kann ich an einem Ladegerät in der Historie ablesen, was da in der Spitze an Spannung anlag.

Vor zwei Tagen stehen da statte 22.69, statt etwas über 14 V. Das entspricht dem Doppelten dessen, was sein darf.

Wie Ankern, aber aus dem Kaffee wird dann nichts. Es kommt kein Gas mehr aus der Leitung, der Gasfernschalter defekt. Hans meldet mir, dass auch so gut wie alle Navigationsgeräte ausgefallen sind. Beide Radios sind tot und, wie ich erst am nächsten Tag feststelle, ist sogar der Kühlschrank hinüber. Nichts davon benötigen wir, um zurückzufahren. Ich hole den Anker wieder rein und wir fahren zum Kran, der uns aus dem Wasser holt.

Dann wird erst mal abgekärchert und man sieht nun deutlich, wie nötig das ist.

Wir bekommen unser Plätzchen für die kommenden Tage. Mein erster Gang ist zum Elektriker, um zu melden, dass ich mehr Arbeit für ihn habe. Es stellt sich glücklicherweise heraus, dass das ausgefallene Netz der Navigationsgeräte lediglich von dem vermutlich zerstörende NMEA Gateway, das Daten von der Maschine in das Netzwerk gibt, gestört wurde. Ich entferne das Ding ersatzlos, womit die teure Navigation wieder funktioniert. Ein neuer Ventilator für den Kühlschrank wird bestellt, ich ordere einen neuen Gasfernschalter bei SVB, das Radio geht zur Reparatur und das UKW Funkgerät tut auch wieder, nachdem der Techniker es einfach wieder eingeschaltet hat. Ein echter Fachmann eben. Darauf bin ich ja leider nicht gekommen.

Ich bin somit noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Wenn die Navigation komplett zu ersetzen gewesen wäre, wäre das ein mehrere 1.000 EUR teurer Schaden geworden. So bleibt es aber bezahlbar, auch wenn die Ursache unklar bleibt.

Die Arbeiten am Rumpf laufen derweil planmäßig an, allerdings müssen die extrem harten und scharfkantigen Hinterlassenschaften von überraschend vielen ehemaligen Untermietern aufwändig mit dem Spachtel beseitigt werden, bevor das Schleifen beginnen kann, was einen zusätzlichen halben Tag kostet.

Dann wird der Rest des alten Antifoulings abgeschliffen…

…bevor die neuen Anstriche aufgetragen werden können. Anschließend wird dann noch das GelCode erstmalig nach Auslieferung poliert und das Boot sieht im Anschluss wieder absolut herzeigbar und fast neu aus.

Ich wechsel mal wieder die Opferanoden und auch das wurde Zeit. Immerhin waren sie noch da.

Erdbeben

An Bord kann ich derweil nur tagsüber bleiben, so ziehe ich wieder ins Hotel, wo ich in der Nacht vom 20. auf den 21. März unsanft geweckt werde. Ich verstehe zunächst nur, dass ich in meinem Hotel auf einer recht holprigen Straße unterwegs bin. Alles scheppert. Ich erahne dann, was los ist, aber nicht, welche Konsequenzen das für mich hat. Am Ende keine, bis auf einen rasenden Puls auf halbem Weg zur Tür.

Das Erdbeben war das Zweite, das ich erleben musste und hatte immerhin eine Magnitude von 4,5. Ich wünsche mich wieder auf den Clipper. Da hätte ich nicht mal was davon gemerkt, solange er im Wasser ist und über mir einstürzen kann im Zweifel auch nichts.

Die Arbeiten am Unterwasserschiff gehen derweil gut voran. Am Mittwoch, dem 22.3. kommt der Kran und bringt das Boot zurück ins Wasser und ich es dann zum Liegeplatz. Damit bin ich in Sicherheit.

Zwei Tage später ist es Freitag. Der Elektriker kommt erneut und ich knüpfe an seinen Besuch die allergrößten Hoffnungen. Ich wünsche mir, dass wir den Fehler finden und dass ich aus der Marina kann. Mir fällt mal wieder die Decke auf den Kopf. Alles ist mir hier zu eng. Ich habe mir in Navily eine schöne Ankerbucht gesucht, wo ich die nächsten Tage liegen möchte. Ich hoffe inständig, dass mir jetzt die Technik keinen Strich durch die Rechnung.

Der nette Elektriker kommt und wir finden einen sichtbar zerstörten Mastervolt Alpha Pro III, der der Laderegler für die Servicebatterien ist.

Erneut denke ich mir, dass ich das auch allein und schon vor einer Woche gefunden hätte. Na ja. Ob der Laderegler der Täter oder ein lediglich weiteres Opfer der eigentlichen Ursache war, kann nicht festgestellt werden. Ein Neuer wird aus Athen geordert. Meine Sorge zerstreut sich, dass ich deswegen nicht aus der Marina kann. Lediglich der Motor wird aktuell die Servicebatterien nicht laden. Da aber der Kühlschrank noch nicht geht, habe ich mit den Solarpaneelen mehr als genug Energie. Mittags kommt der britische Nachbar Mike vorbei und zieht mich den Mast hoch, wo ich nach dem Rechten schaue. Es ist für mich das erste Mal in dieser Höhe. Ich nehme mich aber sehr zusammen, konzentriere mich auf das Hier und Jetzt, ignoriere den Abgrund unter mir und schaffe das. Oben ist alles in Ordnung, ich komme, stolz wie Harry, runter und nach 30 Minuten bin ich auch schon ohne viel Federlesen auf dem Weg.

Vor Anker

In der Bucht von Bathyabali Beach fällt mein Grundeisen und ich bin glücklich. Es handelt sich um eine in der Saison sehr angesagte Ankerbucht, die ich völlig verlassen vorfinde. Absolut herrlich. Genau diese Einsamkeit habe ich gesucht. Die kommenden Tage werden überaus beschaulich, aber nicht eine Sekunde langweilig, obwohl Wochenende ist und keine Arbeit am Computer im Vorschiff droht.

Am Strand gibt es eine kleine Ansammlung menschlichen Lebens in Form eines Camps. In der ersten Nacht verstehe ich zunächst nicht, was die da eigentlich machen. Ich sehe die Leute ständig mit Taschenlampen am Ufer entlanggehen. Erst denke ich, dass die etwas verloren haben und auf dem Strand danach suchen. Dann tippe ich auf eine merkwürdige Hippie Gruppe, die komische Lichttänze vollziehen. Am nächsten Morgen sehe ich dann viele Angeln, die nebeneinander aufgebaut sind und vermute nun, dass das Licht der Taschenlampen einfach nur die Fische anlocken soll. Dies bleibt meine Arbeitstheorie dieser nervenzerfetzenden Beobachtungen.

Es stellt sich hier ein gewisser Tagesablauf ein. Der Morgen beginnt regelmäßig mit einem spektakulären Sonnenaufgang.

Die Sonne beseitigt den Tau der Nacht langsam, der noch an Oberdeck klebt.

Es folgen dann die Määhs und die Glocken der Schafe, die vormittags die Wiese abweiden und die man über das Wasser hervorragend hört. Ich verbringe den Tag währenddessen mit Lesen, Hörbuch hören und YouTube, aber auch allen Arten von Hausarbeit, Kochen und sogar dermaßen profanen Dingen, wie putzen, Staubsaugen und das Edelstahl der Reling polieren. Man hat doch Zeit. Welch ein Luxus.

Ich genieße die Stille um mich herum aus vollen Zügen. Ständig muss ich seufzen, wie schön das hier ist. Der Sonnenuntergang abends, der noch einmal den Bergrücken rot ausleuchtet, beschließt dann den Tag.

Der Trog

Ich hatte mir all dies schon seit Wochen genau so, so sehr gewünscht, dass ich mein Glück kaum fassen kann. Auch hätte ich hier noch viele Tage bleiben können. Zurück treibt mich aber dann doch, nach drei wunderschönen Tagen, diese Aussicht für Dienstag hier:

Rot ist schon starker Wind. Dunkelrot, richtig böses Wetter. Aber wenn man die Landkonturen unter der grauen Windfläche nicht mehr sehen kann, bedeutet das Sturm und schwerer Sturm. Also husch ins Körbchen und die Decke über den Kopf, wenn du irgendwie kannst! … und ich kann!

Es handelt sich eine frühzeitig angekündigte Troglage, die wunderbar auf der DWD Bodenanalysekarte ausgebildet ist. Gerade noch in der Theorie auf Malta als Auffrischung behandelt, kommt hier nun ein Trog daher, wie aus dem Bilderbuch. Der Deutsche Wetterdienst erklärt:

Die Bezeichnung „Trog“ wird für ein Gebilde tiefen Luftdrucks am Boden verwendet. Dieser Begriff wurde eingeführt, weil die zugehörige Isobarenführung in Wetterkarten (Bodenanalysen) zumindest bei stark gekrümmten Linien gleichen Luftdrucks an die Form eines Futtertrogs erinnert.

Somit wäre schon mal bewiesen, dass manche Meteorologen ziemliche Nerds in ihrem Fachgebiet sein müssen, wenn sie bei sowas auf sowas kommen:

Ein Trog entsteht meist auf der Rückseite einer Kaltfront, wenn die Gradienten eben besagt trogförmig ausgebuchtet sind. Diese Troglagen sind für die schlimmsten Verwüstungen verantwortlich, wie die verheerende Flut im Ahrtal 2021, bei der ein stationärer Trog ebenfalls eine Rolle spielte.

Die Kaltfront an sich ist für einen Segler auf See schon eine Herausforderung. Man kann mit starkem Wind, giftigen Böen und ggf. Gewitter mit all seinen Begleiterscheinungen rechnen. Danach klart es wunderbar auf. Man glaubt, man habe es geschafft, aber dann dreht der Wind innerhalb kurzer Zeit um 180° und es geht erst richtig rund.

Ich ziehe mich also vor all dem vornehm und bereits am Montagmorgen zurück. Das will ich dann am Dienstag nicht vor Anker erleben müssen, wenn es anders geht. Der Wind dreht am Morgen auf Süd und wird damit auflandig, was man vor Anker ohnehin nicht gerne hat. Ich gehe früh Anker auf und habe bei dem stärker werdenden Südwind einen fantastischen kurzen Schlag unter Segeln zurück in den schützenden Hafen.

Der Clipper rennt geradezu, von all dem Unrat befreit, der bremsend unter dem Boot wuchs. Eine weitere Wohltat. Ich mache einen vernünftigen Anleger und komme in meiner Box an. Danach wird das Boot sehr gewissenhaft fest gemacht.

Am Dienstagmorgen kommt zunächst die Ruhe vor dem Sturm.

Ich bin ganz aufgeregt, so etwas mal ganz bewusst in all seinen Details als das zu erleben, was es ist. Es folgt die Kaltfront mit Gewitter, Hagel und kräftigem Wind.

Danach beruhigt sich die Lage erst einmal wieder. Der Elektriker kommt auch mal wieder zu Besuch und bringt dieses Mal einen neuen Mastervolt Laderegler mit, den wir einbauen und nach den sehr hilfreichen Vorgaben der Sirius-Werft, die ich zwischenzeitlich dort besorgt hatte, einstellen.

Dabei erzählt mein technischer Dauergast, selbst Segler seines Zeichens, dass er in der Marina von Preveza am Vortag fast im Hafen seekrank geworden war. Das Boot, auf dem er arbeitete, hatte sich im gestrigen Starkwind dort so komisch bewegt und er ständig an so komischen Stellen fast kopfüber gearbeitet, dass ihm dabei ganz schummrig wurde.

Das Wetter wird derweil immer schöner. Der Wind aber dreht von Süd am Morgen auf Nord am Nachmittag und frischt immer weiter auf. Das Trog Alarmsignal. Schließlich erreicht er in der ausgezeichnet geschützten Marina am späten Nachmittag in Böen immerhin fast 40 Knoten, was stürmischem Wind und einigem Rock’n’Roll entspricht.

Die draußen auf dem offenen Meer vorhergesagten > 50 Knoten entsprechen schweren Sturmböen. Da will jetzt keiner sein.

Der Clipper ist gut fest und benimmt sich. Die Nachbarschaft aber nicht. Erst kuschelt der olle Kahn auf der Backbordseite und muss mithilfe der Marinero und einer zweiten Mooring gefesselt und zur Ordnung gerufen werden. Dann wird der Zosse auf der Steuerbordseite übergriffig und wird ebenfalls zur Strafe verschnürt. Am späten Abend ist die Faszination verfolgen und das Ganze nervt nur noch, ist dann aber gegen Mitternacht auch vorbei. Es wird ruhiger und der Mittwoch, mein letzter Tag, bricht sonnig und friedlich an, als wäre nichts gewesen.

Malheur zum Abschied

Ich bereite den Clipper zu einer weiteren Phase des allein gelassen seins vor. Putzen, Waschen, Aufräumen. Seeklar zurück, soweit es geht. Ich räume schon mal die Backbordbackskiste aus, um hinab steigen zu können und im Motorenraum das Seeventil für den äußeren Kühlkreislauf des Motors zu schließen. So muss ich das morgen nicht machen. Ich packe meine Sachen und der Tag geht vorbei. Hektisch ist es nicht, aber ein wenig melancholisch. Eigentlich will ich gar nicht weg, auch wenn ich mich auf Mainz und das Wiedersehen mit Filip nach mehr als einem Monat freue.

Am nächsten und letzten Tag der Abreise wird es morgens dann noch mal hektisch. Noch fliegt kein Charter nach Preveza, dem Flughafen um die Ecke. Ich muss also den Bus nach Athen nehmen, welcher um 12:30 Uhr abfährt. Am frühen Morgen kommt der Elektriker ein letztes Mal auf meine Bitte hin. Die Sirius Werft hatte mir noch ein paar Korrekturen zu den Einstellungen durchgegeben, die wir mit seinem Laptop in den Mastervolt einprogrammieren. Danach soll ich die Maschine testen und dabei die Spannung überwachen. Ich starte also und gehe mit etwa 2.000 U/Min in den Leerlauf. Wir beobachten das Stromnetz. Die Spannung verhält sich unauffällig. Ich finde aber, es stinkt. Ich werde misstrauisch. Ich höre bewusster auf das Motorengeräusch, insbesondere das des Auspuffs. Klingt wie trockenes Husten. Scheiße, ich Vollidiot!!!!!

Ich stürze nach draußen, gehe auf Leerlauf und mache den Diesel aus. Der Elektriker schaut mich fragend an und ich erkläre, dass ich gestern bereits das Ventil für den Kühlkreislauf geschlossen hatte. Das ist ihm sicherlich unangenehm, obwohl er ja gar nichts dafür kann. Mir ist es das auch, und ich kann sehr wohl etwas dafür. Ich öffne das Ventil wieder, starte den Motor, aber es kommt kein Kühlwasser mehr aus dem Auspuff. Das war es dann mit dem Testlauf. Er zieht von dannen und ich räume den Technikraum aus, um von dort aus an den Motorraum zu kommen. Schnell ist der Deckel des Impellers geöffnet, der sich trocken laufend wie erwartet, in seine Einzelteile zerlegt hat.

Die nicht mehr vorhanden Schaufeln sind nun irgendwo im Kühlkreislauf des Motors. Den mache ich hier und heute nicht mehr sauber, das ist eine größere Sache. Viel Aufwand, aber vermutlich, bis auf den Impeller, kein weiterer Schaden.

Ich markiere den Motorenschalter mit einem „nicht starten“ Schild, was dort ab jetzt immer sein wird, wenn der Motor nicht startbereit ist. Der Tag ist aber auch sonst nicht mein Bester. Die restlichen Arbeiten zum Verlassen des Bootes werden erledigt, wobei ich schmerzhaft mit dem Fuß umknicke, das Bad noch mal unter Wasser setze, es wieder säubere und schließlich bei bestem Wetter alles abschließe. Das Boot ist somit wieder in seinem Winterschlaf und ich humpele mit meinem Gepäck zum Bus. Dieser bringt mich nach Athen, von wo ich nach Berlin fliege, um dort Filip zu treffen, der sich in Neukölln mit Freunden auf einem Konzert verabredet hat, wo ich einfach dazu komme.

Das waren drei schöne Wochen auf dem Clipper. Einiges ist gemacht und repariert, einiges mehr leider unerklärlich kaputtgegangen und auch teilweise schon wieder erledigt. Viel passiert ist eigentlich nicht und doch habe ich einiges erlebt.

Es wird im April ein Monat in Mainz folgen. Dann mache ich einen RYA Ausbildungstörn von Lymington (GB) nach Laurent (FR) auf einem fremden Boot, auf das ich mich schon sehr freue, bevor es Anfang Mai wieder zum Clipper geht. Wir bleiben dieses Jahr wahrscheinlich in Griechenland und wollen die Ägäis mit ihren vielen Tausend Inseln erforschen. Das wird spannend!

4 Gedanke zu “Lefkada – Bei den Liveaboards”
  1. Hallo Matthias,

    schön wieder von Dir zu lesen. Ich profitiere bestimmt auch immer von Deinen „Problemen“ und den Lösungen.

    Meine Ostseereise beginnt in 2 Wochen. Ein paar Dinge sind noch zu klären, aber im Großen und Ganzen bin ich mit dem, was die Werft mir ausgeliefert hat sehr zufrieden, andere hatte da wohl mehr Mängel. Allerdings ist die „Moyenne“ auch mit nicht so vielen Extras ausgestattet.

    Wenn Du willst, kannst Du ja mal schauen: http://www.sailing-moyenne.de

    Liebe Grüße aus Berlin

    Gustav

    1. Hallo Claire,
      wir sind immer noch in Lafkas. In Griechenland werden wir auch den Sommer über wahrscheinlich bleiben (Ägäis). Aber gut, dass du fragst (Just in Case) 😀

      Grüße
      Matthias

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