Donnerstag, 15.10.2020 bis Sonntag, 18.10.2020

Erst sah es noch so aus, als müssten wir wegen des Empfangs eines Paketes etwa eine Woche in Portonovo bleiben. Nach einer Taxifahrt in das sehr schöne Pontevedra, konnten wir das Paket aber in der ‚Umschlaganlage‘, es handelte sich eher um eine größere Garage, des dortigen Paketdienstleisters abholen.

Altstadt Pontovedra I
Altstadt Pontevedra II
Markthalle in Pontevedra

Nach einem ausgedehnten Stadtrundgang und anschließendem Brunch ging es nachmittags dann zurück an Bord und bei bestem Wetter den kurzen Weg von Portonovo nach Westen zur ersten Insel des ,Nationalpark Islas Atlánticas de Galicia‘. Ich kannte diese Inseln überhaupt nicht, bis ich vor ein paar Monaten über den Genehmigungsprozess zur Durchfahrt dieser Gewässer in einem Seglerportal las.

Ich habe, zur besseren Einordnung dieser Tour, eine Karte am Anfang des Artikels erstellt. Den kompletten Weg ab Neustadt gibt es ja, regelmäßig aktualisiert, in der Rubrik „Der Weg“ dieses Blogs. Der sichtbare Track ist übrigens die automatische Aufzeichnung des Wegs, den wir hier zurücklegten. Wenn man in der Karte oben auf die erste Ankerposition hinein zoomt, sieht man zum Beispiel schön, wie wir nachts um den Anker geschwojt sind.

Isla Ons voraus

Vor dem Traumstrand der Insel Ons angekommen, nahmen wir für eine kurze Wanderung auf der Insel das Dinghy. Es war der erste scharfe Einsatz des kleinen Schlauchboots und war entsprechend aufregend, damit an den Strand zu fahren. Wie geborgen man sich doch, im Gegensatz zu einem Schlauchboot, auf dem so viel größeren Clipper fühlt.

Wir waren noch nicht ganz am Strand angekommen, als ich die Küstenwache auf den Clipper zufahren sah. Hatte ich etwas falsch gemacht? Wollen die überhaupt zu uns? Na ja, es war ja sonst keiner da. Ankerten wir an der falschen Stelle? Alkoholkontrolle? Ich drehte um, wir fuhren zurück und gingen bei der Guardia Civil längsseits, indem wir uns an einem dicken Tampen festhielten, den man uns herunterließ. Es war mein erster Kontakt mit dieser Polizeibehörde, mit ihrer zweifelhaften Historie, überhaupt. Ich war leicht angespannt.

Die Küstenwache kommt zu Besuch.

Die militärisch aussehende Besatzung versammelte sich um den hinunter gereichten Tampen, an dem wir uns im schaukelnden Dinghy festhielten, an Deck das Küstenwachbootes. Die erste Frage bedeute wohl, ob wir Spanisch sprechen. Das verneinte ich nach einem betont gut gelaunt freundlichen „Buenas tardes“ bereits auf englisch und bot auch genau diese Sprache zur Kommunikation an. Ein gequältes Lächeln war die Antwort und es durfte das Besatzungsmitglied nach vorne, das zumindest besser Englisch konnte, als ich spanisch.

Unsere verneinende Antwort halb erwartend, kam die Frage nach unten, ob wir wüssten, dass wir für die pure Existenz in diesen Gewässern eine Genehmigung benötigten. Das überraschte mich. Sollte das wirklich der Grund der Kontrolle sein? Nun, ich bejahte die Frage höflich und ergänzte, dass ich sowohl die Ankererlaubnis als auch die generelle Genehmigung zum Befahren des Naturschutzparks hätte. Gespannt, ob das nur die Einleitung zu etwas viel Unangenehmeren war, beobachtete ich so etwas wie Überraschung. Man nahm vielleicht einfach an, dass wer sich jetzt noch hierher verirrte, sich diese Mühe nicht mehr machte. Ich weiß es nicht.

Ein kurzer Check brachte die Bestätigung für das Gesagte. „Oh, all right. Thank you. Bye“. Das war es schon. Immerhin setzten sie nicht einen obendrauf, um zumindest etwas anderes zu finden. Ich war jedenfalls froh, über einen Artikel dieses Genehmigungsprozesses auf die Inseln aufmerksam geworden zu sein und nicht umgekehrt. Alle gut also.

Wir verabschiedeten uns und lösen unsere locke Beziehung zueinander, indem wir den gereichten Tampen wieder losließen. Sie zogen ihres Weges und wir an den Strand. Dort genossen wir erst mal die neue Perspektive und probierten aus, ob das Wasser noch so warm war, dass man wenigstens kurz drin schwimmen konnte. Filip hielt es tapfer 10 Sekunden aus. Ich entschied, dass wenn die Füße vor Kälte schon beim hereingehen weh tun, das nicht der Moment für sinnlose Heldentaten sei und zog mich rasch wieder an den sicheren Strand zurück.

Wir genießen die ungewohnte Perspektive und schauen aufs Meer mit Segelboot

Wir marschierten die 40 Minuten den Hang hinauf zum Leuchtturm, von wo aus es naturgemäß die beste Aussicht haben sollte. Es war ein sehr schöner Abendspaziergang auf einer verlassenen Insel. Nicht mehr, nicht weniger.

Auf dem Weg zum Leuchtturm der Isla Ons
Ich bekomme gar nicht genug davon, das Boot von Land aus zu fotografieren
Wenn man bei ablaufendem Wasser, kurz nach der Flut, ankommt, muss man das Schlauchboot nicht viel den Strand hochziehen, damit es bei der nächsten Flut nicht davon schwimmt. Der Wasserstand bei Ankunft ist hier schön an der Stelle zu sehen, wo die Schleifspuren seewärts beginnen. Man muss aber mehr schleppen, um das Dinghy anschließend zurück ins Wasser zu bekommen, als das beim Anlanden der Fall war.
Abendstimmung auf dem Dinghy-Ritt zurück zum Boot

Zurück an Bord machten wir uns Abendessen, gingen recht zeitig zu Bett und verbrachten eine etwas unruhige Nacht vor Anker. Ich war noch etwas nervös, ob der Anker hält. Noch habe ich wenig Vertrauen und Erfahrung in dieser Art des Festhaltens. Ich habe zum einen eine Ankerwache als App auf dem Handy, als auch eine entsprechende Funktion auf dem Plottersystem des Clippers selbst. Beide überprüfen laufend die GPS Position. Ändert die sich zu stark aus einem vorkonfigurierten Bereich heraus, gibt es Alarm. Das Schiffs-eigene System holte mich aber mindestens dreimal aus dem Bett. Einmal ein Fehlalarm und zweimal irgend welche unwichtigen anderen Nachrichten, sodass ich beschloss, nur noch die App auf dem Handy zu nutzen, die deutlich akkurater in der Positionsermittlung und Alarmierung war. Man darf es nur nicht stumm schalten oder die „Nicht stören“ Funktion zulassen.

Bei der Bewegung meint man, man stampft in Fahrt gegen die Wellen an. Tatsächlich liegen wir Anker.

Am nächsten Morgen, der Wind und die Wellen kamen aus Süden, sahen wir zu, dass wir weiter kamen. Leider mussten wir auch genau nach Süden. Also begannen wir gegen den Wind dort hin zu kreuzen. Die nächste Ankerbucht war nach Norden geöffnet und versprach deutlich besseren Schutz als der Ort, den wir nun gedachten zu verlassen. Auf dem Weg dahin erwischten wir eine schöne kleine Kreuzsee aus dem Atlantikschwell, der zwischen den Inseln durch kam, und der Windsee, die sich aktuell durch den Südwind aufbaute. Da der Wind immer weitere abnahm, aber uns seine Hinterlassenschaften in Form dieser kreuzenden Wellen durchaus weiterhin hinterließ, lagen wir irgendwann ohne Fahrt, aber mit einer ziemlich bescheuerten Bewegung im Boot im Wasser. Ich schmiss die Maschine an und motorte die kurze Strecke. Das Wetter war richtig doof und zwischen den Inseln nahm ich sogar noch das Radar zur Hilfe, um bei dem diesigen Regen niemanden zu übersehen.

In der Bucht angekommen rissen die Wolken wieder auf und wir hatten einen wunderschönes, romantisches Abendessen bei warmem Sonnenschein im Freien. Das nennt man dann wohl unbeständig.

Es schloss sich ein Brettspieleabend an. Die Ankerbucht war bei dieser Wetterlage tatsächlich sehr geschützt, ich ließ den Plotter aus und die Nacht war sehr ruhig und erholsam.

Brettspieleabend vor Anker. Machen wir beides viel zu selten!

Am nächsten Tag kamen die beiden, durch einen schmalen Deich verbundenen, Nord- und Südinsel der Islas de las Cies dran. Wir fuhren kurz um die Ecke, lagen vor dem dritten Traumstrand in zwei Tagen, nahmen das Dinghy und setzten über.

Die Brücke in der Ria de Vigo im Morgennebel, von unserem Ankerplatz aus

Erneut mussten wir uns die Insel mit niemandem wirklich teilen. Es ist schon etwas unwirklich, da das ganze Gebiet sonst voll mit Tagestouristen ist, besuchende Boote über oben beschrieben Genehmigungsprozess zahlenmäßig reglementiert werden müssen und wir hier nun wie die letzten Menschen rumliefen, die frischen Hinterlassenschaften der vergangenen Zivilisation noch vor Augen.

Blickt auf die Südinsel, über einen Salzwassersee hinweg. Rechts der verbindende Damm, der bei Flut und viel Welle aber unpassierbar werden kann.
Der verlassene Campingplatz der Insel
Blick Richtung Amerika
Blick nach Norden. Da kamen wir gestern her
Von der Südinsel über den Satzwassersee zur Nordinsel blickend

Am späten Nachmittag kamen wir dann zurück zum Strand, fuhren zurück zum Clipper und machten uns auf den kurzen zweistündigen Weg nach Vigo, wo wir uns im vornehmen Innenstadtyachthafen des königlichen Club Nautico de Vigo vor dem nächsten Tiefdruckausläufer verstecken, der am Montag mit viel Regen und Wind über uns hinweg gehen sollte.

Das ganze Gebäude ist Schiff, inklusive Kommandobrücke und Positionslichter auf dem Dach

Immer wenn ich vom der Stadt Vigo höre muss ich folgendes Denken:

Mal herhören.

Wird nichts mit Einlaufen in La Rochelle. Wir haben einen neuen Einlaufhafen bekommen. La Spezia in Italien. Vorher Kraftstoff- und Proviantübernahme in Vigo. Das liegt bekanntlich in Spanien. […] Ende der Durchsage.

Aus dem Gedächtnis zitierte Durchsage auf U96 im Film „Das Boot“

U96 ist damals tatsächlich in den Rias de Vigo geschlichen, wo die Kriegsmarine eine geheime geheime Uboot Basis unterhielt. Nur zu der in Buch und Film beschrieben Weihnachtsfeier kam es wohl in Wirklichkeit nicht. Aber nautisch gesehen eine ziemliche Leistung, hier nachts, nur mit Periskop, heile rein und wieder herauszukommen.

Die Stadt gefällt mir, bei einem ersten abendlichen Spaziergang, sehr gut. Ich bin gespannt auf mehr, wenn es mal zumindest aufhört zu regnen.

Park in Vigo am Abend…
…mit so eingesetztem buntem Licht in Verbindung mit Park und Natur bekommt man mich schnell
Die Ruhe vor dem Sturm am nächsten Tag im königlichen Yachthafen

Wie geht es weiter? Wir haben uns nun etwas mehr Zeit gelassen und die schönen Rias, das sind die fjordartigen Einschnitte in das Land hier, und die beeindruckenden vorgelagerten Inseln erkundet. Alles ist leider Saison- und ggf. auch Covidbedingt sehr ruhig, sodass wir zwar die Ruhe der Natur und alles für uns alleine haben, es aber im Allgemeinen eine Spur zu kalt ist und mir persönlich das abendliche Treiben in engen Altstadtgassen zwischen Restaurants und Bars sehr fehlt.

Wir warten nun auf segelbaren Wind. Mitte der Woche verlegen wir etwas nach außerhalb nach Bainoa, das sehr schön sein soll. Einen Strand zum surfen ist in der Nähe, sodass Filip ggf. die Chance bekommt.

Anfang nächster Woche müssten die ersten Wetterfenster zur Weiterreise aufgehen. Bis dahin erzeugen mehrere Tiefs alle starken Südwind und Schwell von über 3 Metern. Das muss ohne Not nicht sein. Nur gut, dass wir schon über die Biskaya sind. Wir werden dann als Nächstes nach Portugal kommen und im weiteren Verlauf erst mal Tagestouren von ca. 12 Stunden zwischen den Häfen, die weitere Küste runter, bis nach Lissabon machen.

Bis es soweit ist, genießen wir erst mal Vigo.

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