Freitag 06.11. – Freitag 13.11.2020

Wir schlafen uns aus und erkunden nachmittags den Ort. Nazaré befindet sich auf zwei Ebenen, die über eine Straße außen rum oder eine Zahnradbahn auf direktem Weg verbunden sind.

Es gibt ein Skatepark, den Filip ausprobiert. Surfen dagegen ist hier eher etwas für die Profis dieser Welt. Ansonsten ist der Ort stark vom Strandtourismus geprägt, liegt im Winter aber in seinem Dornröschenschlaf. Nur in den Tagen mit hohen Wellen kommen die Profis vorbei und auf ihre Kosten, indem sie diese Monster surfen, während sich die Zuschauer in Scharen auf der Klippe versammeln, um diesem Spektakel beizuwohnen. So auch letzte Woche, was der Bürgermeister erbost zum Anlass genommen hatte, das Surfen nun bis auf Weiteres zu verbieten, da sich dabei kein Mensch auf der Klippe an Covid Mindestabstände hielt. Das ist fast genauso, wie dieses Frühjahr an der Eisdiele vom Juxplatz in Gonsenheim, als die Ortsvorsteherin schimpfen musste. Überall das Gleiche.

Am Samstag und Sonntag gibt es gemäß Vorhersage Wind. Zwar wieder genau aus Süden, aber immerhin bewegt sich die Luft in brauchbarer Stärke. Nicht so die danach kommenden Tage der Woche. Somit nehmen wir uns Samstag ein Auto, erkunden mal wieder Portugal, um Sonntag zumindest bis nach Peniche weiterzusegeln. Dieses Mal ist das Kloster in Batalha, das Mosteiro de Santa Maria da Vitória dran, laut Revierführer ein Must-See in Portugal.

Am Sonntag starten wir nicht zu früh bei bestem Wetter, sehr wenig Welle und moderatem Wind aus Süden. Die Strecke ist nicht weit, sodass wir uns erst gegen Mittag auf den Weg machen.

Auslaufen Nazaré

Ich verschätze mich dabei ein wenig. Das Kreuzen braucht doch deutlich mehr Strecke als erhofft, sodass wir eine ungefähre Ankunftszeit bei etwas mehr Realismus und weniger Hoffnung gegen 2000 Uhr, also weit nach Sonnenuntergang, haben werden. Was solls, das müsste gehen. Erhöht den Schwierigkeitsgrad, es gibt keine geografischen Widrigkeiten. Die Stimmung ist wegen des Wetters sowieso entspannt und wir genießen ein paar Stunden Genusssegeln.

Was ich bei meiner nun geplanten abendlichen Anfahrt in Penich ein bisschen vergessen hatte, sind die Fischernetze. Es sollen dort laut Revierführer jede Menge, auch sehr schlecht markierte, liegen. Die sehe ich natürlich im Dunkeln gar nicht. Dämlich! Na, schauen wir mal. In der Anfahrt muss man zwischen der Halbinsel von Penich und Berlenga, einer vorgelagerten Inselgruppe hindurch, will man keinen weiten Umweg, ganz außen herumsegeln.

Abgesehen von der Dunkelheit sind die Bedingungen gut, also geht es zwischendurch und ich übe mit den beiden Leuchtfeuern auf der Halbinsel und der Insel terrestrische Navigation, indem ich Kreuzpeile. Mit der ersten Kreuzpeilung treffe ich bei Weitem nicht meine vorher eingezeichnete GPS Position, mache noch an möglichen Messfehlern rum, bis ich merke, dass es die GPS Position ist, die ich Dussel schlicht falsch eingezeichnet hatte. Es lebe die handgemachte Kreuzpeilung und der Doppelcheck, netter Zeitvertreib und Übung!

Bald finde ich aber ein neues Hobby. Ich versuche mit der im schwankenden Mast montierten Infrarotkamera die Bojen der Fischernetze zu sehen, bevor wir ihnen zu nahe kommen. Eine andere Methode wüsste ich nicht. Die Handlampe ist dafür viel zu schwach. Natürlich haben diese Bojen keine unterschiedliche Wärmesignatur zum umgebenden Wasser und setzten sich somit kaum optisch davon ab. Es wird ein mühsames Fernsehgucken bei gleichzeitiger Küstennavigation. Ich sehe am Schluss nicht eines der Dinger. Entweder gab es sie nicht oder wir haben einfach Glück gehabt. Ansonsten treibe ich reichlich Aufwand, um in der küstennahen Fahrt im Dunkeln keinen Fehler zu machen. Ich nehme meine Kreuzpeilung, prüfe Plotterbild mit der Radarsignatur der Küstenlinie ab. Passt alles zusammen. Macht Spaß!

Südlich der Halbinsel nehme ich die Segel weg und fahre den Rest unter Motor. Die Hafeneinfahrt ist mit rotem und grünem Feuer gut sichtbar beleuchtet und im Hafen ist es recht hell. Wir kommen aber vom dunklen Meer und ich sehe die begrenzenden Steine in der nicht allzu breiten Hafeneinfahrt vor dem Rest des hellen Hafenbeckens auf Wasserhöhe nur schemenhaft. Auf die Idee, jetzt noch mal die Kamera zu benutzen, komme ich erst einen Tag später. Na ja, ich treffe die Mitte und wir sind fast in Abrahams Schoß.

Eine letzte Herausforderung wartet noch auf uns. Es gibt im Sportbootbereich des Hafens eine lange Pier, die die innen liegenden Boote vor dem Schwell der Fischer schützt, die den ganzen Tag und die Nacht hinein- und hinausfahren. Gäste dürfen nur an dieser langen Pier liegen, alles andere, vor allem die geschützten Boxen mit Fingersteg im Inneren sind den Einheimischen vorbehalten.

Hier darf man nur an dem langen Steg im Osten fest machen

In der Saison gab es viele Beschwerden, dass hier einfach zu wenig Platz für Gastlieger ist. Man kann außen auch im Päckchen liegen oder im Südosten des Hafenbeckens Ankern. Der Revierführer meint dazu, dass es ab und zu einigen Glücklichen vergönnt ist, innen an der langen Pier einen geschützten Platz zu ergattern, wobei der Bereich im Norden innen an der Pier dem Polizeiboot vorbehalten ist.

Die müssen im Päckchen liegen (Bild beim Auslaufen gemacht)

Während wir näher kommen, halten wir konzentriert nach einer Lücke Ausschau. Es ist wie beim Auto. Ich ärgere mich sehr, das einer in einer Riesenlücke so fest gemacht hat, das wir knapp nicht noch dazu passen. Alles andere ist voll, auch wenn noch keiner im Päckchen liegt. Wir geben dem Zufall eine Chance und fahren in die eigentliche Marina ein. Vielleicht ist im Inneren doch ein Platz und wir sind heute die Glücklichen. Da liegt das Polizeiboot, dahinter liegen Schlauchboote! Ohhh, als ob man die Dinger nicht woanders festbinden könnte. Ich überlege schon, ob ich mich aufregen sollte, da sehen wir ihn! Unseren Platz an der langen Pier im schwellgeschützten inneren!! Wir wären damit die einzigen, die innen liegen. Alle anderen Plätze sind irgendwie blockiert. Falschen Respekt habe ich immer weniger. Wir legen dort an, machen schön fest, schließen sogar schon mal Strom an und machen für eine längere Liegezeit seeklar zurück. Falls wir stören wird man uns das sicherlich mitteilen. Bis es so weit ist, bleiben wir! Herrlich!

Fest!

Am nächsten Morgen lasse ich mir Zeit mit dem Marinero. So viel Zeit, dass der Berg schließlich zum Propheten kommt und es klopft. Ein freundlicher, aber uniformierter Herr steht da und fragt nach den Bootspapieren. Da ich wirklich keine Ahnung habe, frage ich, ob er vom Hafen ist. „Nein“, meint der freundliche Herr, er sei Polizist. Der Marinero sei da hinten.

Ich hüpfe, fördere die Bootspapiere zum Vorschein. Er beginnt das Anmeldeformular auszufüllen. Ab und zu eine Frage: „Haben Sie Tiere an Bord“, ich Antworte mit „Nein“ und füge aber hinzu, dass ich das zumindest hoffe. Gelächter, gute Stimmung. Das war es auch schon. Ich folge ihm zum Mainero, dort bekomme ich Zugangskarten für die Pier, Toilettenschlüssel. Alles gut, keiner sagt was zu dem Liegeplatz. Wir bleiben, wo wir sind und können es uns für die kommenden Flautentage dort gemütlich machen. Erst am letzten Tag fragt der Marinero, wann wir wieder ablegen, da auch unser Liegeplatz an der Pier einem Zollboot gehört, das zurückkommt. Innen geht also gar nicht mehr. Hm.

Vor und hinter uns die Schlauchboote, als ob man die nicht woanders hin packen könnte
Sonne, Wärme Urlaubsfeeling

Die kommenden Tage sind herrlich. Das nun wetterbestimmende Hoch bringt zwar keinen Wind, aber dafür fast sommerhaftes Wetter. Genau deswegen machen wir die Tour hierher ja! Filip geht surfen, ich arbeite und habe eine Telefonkonferenz. Ich fasse ein paar Dinge für die Werft zusammen, wo so der Schuh überall drückt. Die meldet sich nett und machen einen guten Vorschlag, wie die Bretter am Bugspriet wieder fest gemacht werden können. Es soll erneut geklebt, aber nun auch geschraubt werden. Mal sehen, wie ich das hinbekomme.

Wir leihen uns am Dienstag ein Auto und erkunden mal wieder Portugal. Heute geht es nach Óbidos. Diese Stadt hat eine komplett erhaltene und begehbare Stadtmauer und Burg aus dem 13. Jahrhundert (Bau bis zum 16. Jahrhundert). Das habe ich in diesem Ausmaß noch nicht gesehen und so auch nicht erwartet. Deutschland ist ja nicht arm an Burgen, aber so was…. Mit offenem Mund laufe ich durch die mittelalterlichen Gassen. Filip läuft oben die Stadtmauer ab. Für mich völlig unmöglich, ich laufe unten, denn man hat sich bislang nicht die Mühe gemacht, das Bauwerk für moderne Stadtkinder, wie mich, mit einem Geländer abzusichern. Original ist es nun mal schöner. Alles, was es gibt, ist ein Schild am Fuße der Treppe, das auf die Absturzgefahr hinweist. Ich hatte es sogar versucht, indem ich zunächst gedankenlos einfach die Treppe hochgestiegen bin. Oben finde ich mich auf einem vielleicht 2 Meter breiten Laufweg wieder, begrenzt auf der einen Seite durch Brustwehr und Zinnen, auf der anderen Seite durch einen 20 Meter tiefen Abgrund.

Wie im Film, aber nix für mich

Ok, hier werde ich ganz sicher nicht entlang laufen. Meine Situation wird mir erst oben bewusst, normalerweise merke ich so etwas vorher. Ich drücke mich an die Brustwehr und lege mir in Gedanken meinen direkten Rückzug zurecht. Kein Gedanke hier länger als notwendig zu bleiben. In der Hocke langsam zurück zur Treppe, dann auf alle Viere, vorsichtig umdrehen und rückwärts die ersten Meter der Treppe wieder runter, bis ein normales Treppenlaufen endlich möglich sein wird. Da steht auf dem Treppenabsatz noch ein Pärchen, 20 cm vom Abgrund entfernt, und macht überhaupt keine Anstalten abzuhauen. Ich hasse die beiden aus vollem Herzen für diesen Logenplatz in dem nun folgenden Schauspiel meiner öffentlichen Erniedrigung. Also los. Ich krabble nach unten und die Welt ist wieder in Ordnung.

Nachmittags kommt dann noch Nebel auf und macht die Stimmung perfekt. Wir ziehen uns in den größten Gebrauchtbuchladen zurück, den ich bislang gesehen habe und schmökern mindestens eine Stunde. Ich finde in der deutschen Abteilung unter anderem dieses Schätzchen:

Es gibt nichts, was es nicht gibt !

Wir kommen zurück aufs Boot und ich finde es mal wieder eine klasse Sache, bei so einem Nebelwetter im Hafen zu sein. Weichei, ich weiß, aber wir sind ja nicht berufsmäßig hier.

Gegenüber ein Hausboot. Diese Segelyacht kam, um zu bleiben. Die Segel sind längst abgeschlagen, der Bewuchs am Rumpf verrät, dass der schon lange hier liegt. Ähnliches sehe ich immer wieder.

Am Mittwoch nehmen wir das Auto und fahren für zwei Tage die Küste entlang. Da es jede Menge Surfschulen und Skateparks, aber keine Häfen in deren Nähe gibt, machen wir das an Land, während wir generell erneut auf besser Wetter warten. Es ist alles eher Filips Programm, aber ich kann so auch was vom Land sehen, irgendwo sitzen und meine Blogs mit dem Handy schreiben oder den einen oder anderen Kaffee nehmen. Perfekte Arbeitsteilung.

Wir quartieren uns dann in einem Hotel ein, dass Surfboard-Verleih und einen eigenen skate bowl hat. Sie Atmosphäre ist dermaßen cool und gechillt, dass wir von einem auf zwei Tage verlängern. Wind ist ohnehin noch keiner da. Zudem hat es in dem Hotel abends sowohl Feuerschalen auf der Terrasse, als auch einen Ofen zum selbst befeuern in Zimmer. Das darf man mir nicht unkontrolliert überlassen, ich eröffnete meine eigene finnische Sauna…..

Am Freitagnachmittag geht es dann zurück zum Boot. Wir haben täglich mehrmals Wind und Wetter mittels Segelwetterapp mit dem Handy kontrolliert. Am Samstag soll es so weit sein. Wind kommt natürlich genau aus Süden, aber für 2 Stunden vielleicht nicht ganz und die Stärke ist mit 10-15 Konten sehr brauchbar. Wir werden sehen, um 7 Uhr soll es mit Sonnenaufgang losgehen….

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