30.08.- 11.09.2022

Korfu

Zwei Tage erkunden wir die sagenhaft schöne Altstadt von Korfu Stadt. Ich war bisher zweimal hier. Das erste Mal auf Staatskosten mit Zerstörer Rommel und das zweite Mal mit einem Kreuzfahrtschiff. Beide Male habe ich es offenbar nicht geschafft, ausgiebig durch die Altstadt zu streifen, jedenfalls ist mir nichts davon in Erinnerung geblieben.

Interessant ist das Schweizer Konsulat. Man sollte meinen, dass das Land nach unserer kräftigen Finanzspritze, im Zuge unseres letzten Aufenthalts in Zürich, nun im Geld schwimmt. Bei den ausländischen Dependancen scheint der neue Wohlstand aber noch nicht angekommen zu sein.

In der Bucht liegen etwas abseits auch mal wieder ein paar Superyachten. Spannend ist immer, wenn eines dieser gut zu erkennenden Tenderboote jemanden von den Herrschaften anlandet, die sich auf sowas durch die Gegend fahren lassen. Milieustudien eben. Das sieht dann, wie hier bei einem kleineren Tender beobachtet, abends so aus wie im nachfolgenden Bild. Man möchte mit der Wasserbeleuchtung wohl unbedingt auffallen:

Wir kehren am 01.09. ein letztes Mal von Land zurück, als ein deutlich größerer Tender, von einer wohl dann auch größeren Yacht, drei auf Hochglanz polierte Grazien ausspuckt.

Alle drei lümmeln in einer dermaßen genervten Weise in ihrem Luxusboot, mit ihren aufgespritzten Lippen missmutig in die Weltgeschichte schmollend, dass der geneigte Beobachter unweigerlich das große Elend erkennen muss, das dieses langweilige und gewöhnliche Leben den definitiv zu noch viel höherem berufenen Königinnen als ungeheure Bürde auferlegt. Eine Welle des Mitgefühls erfasst mich, ich wünsche frei nach Harald Schmidt gedanklich gute Besserung. Wir kehren nach diesem kurzen, aber schönen Aufenthalt erfüllt zu unserem schwimmenden Tiny House zurück, lichten den geschätzten Anker und verlassen gut gelaunt die Bucht.

Wind ist keiner da, aber zur Marina ist es nicht weit. Also hilft der Motor den kurzen Weg. Wir kommen noch vor dem nächsten Regen an, der Marinero holt uns mit einem Schlauchboot vor dem Eingang zum Hafen ab und weist den Weg, der Clipper brav aber zügig hinterher. Vor der Boxengasse drehe ich unser Heim mit Hartruderlage nach Backbord, schalte noch in der Drehung in den Rückwärtsgang. Der Clipper stoppt erst gar nicht, dreht sich in der Fahrt und mit einem kurzen Schlenker fahren wir rückwärts und in einem Zug weiter. Wir biegen geschmeidig in die Box ab, wo wir sanft zum Stehen kommen. Das Bugstrahlruder, das seit Argostoli ohnehin nicht mehr arbeiten möchte, kommt dabei nicht zum Einsatz. Ich bin äußerst zufrieden mit mir und diesem Manöver, möchte es gerne direkt noch mal ausführen, so viel Spaß hat das gemacht. Ich erlaube mir, an dieser Stelle von diesem gelungen Einparken nebst dem damit verbundenen Hochgefühl ganz bescheiden zu berichten, nachdem ich mit dem rapportieren von anderen völlig missglückten Aktionen dieser Art ja auch nicht sparsam war. So geht der Sommertörn des Clippers würdig dem Ende entgegen.

Was nun folgt, ist abermals eine dieser Putzaktionen, die den ganzen Tag in Anspruch nehmen. Es ist warm und mir rinnt der Schweiß praktisch dauernd. Angenehm ist jetzt, wieder eine Dusche in der Nähe zu haben, die praktisch unbegrenzt kaltes Wasser gibt. Bei dieser Putzaktion entdeckt Filip etwas ausgesprochen Wertvolles, das wir seit Anbeginn mit uns herumfahren, ohne von dessen Existenz etwas zu ahnen: Einen kleinen verborgenen Stauraum! Sirius ist offenbar auch nach zwei Jahren noch für eine Überraschung gut!

Spät hatte ich den Raum im Sitz entdeckt, den man aufklappt, um in die Werkstatt zu kommen, dort wo die Waschmaschine steht. Heimlich hatte ich ihn für alle Arten von Persennings und Tampen in Beschlag genommen. Diese Art von heimlicher Okkupation ist nun nicht möglich. Die Verhandlungen, wem dieser Platz indessen wofür zugeschlagen wird, dauern noch an und sind langwierig, aber lustig.

Auch das Vorschiff schaue ich mir genauer an, auf der Suche nach der hoffentlich offensichtlichen Ursache für das Versagen des Bugstrahlruders, wie einer durchgebrannte Sicherung.

Leider ist die Ursache nicht offensichtlich. Was ich aber finde, ist starke Korrosion an den ganz vorn verbauten Steckern, während die Kabel angeschimmelt sind. Das kann so sicherlich nicht bleiben. Mal sehen, wie ich damit am besten umgehe.

Ich verschiebe die ganze Angelegenheit aber auf unsere Rückkehr, da mir heute die Zeit fehlt. Überhaupt ist die Liste der instand zu setzenden Dinge mittlerweile länger. Darunter fällt unter anderem der Abwasserschlauch der Dusche, der das Duschwasser zu einem Teil an einer Verbindung unter dem Kühlschrank verliert, welches dann in die Bilge spritzt. Dort hat es meine Sammlung an Kabeln und Ladesteckern unter Wasser gesetzt, die künftig sicherlich besser an einem etwa höheren gelegenen Ort im Boot verstaut werden.

Mir fällt da spontan ein Ort in der Mitschiffskabine ein…

Am 05.09. verlassen wir den Clipper, nach ungeheuren Reinigungsarbeiten. Ich bin froh, dass wir damit durch sind. So liegt er mal wieder für eine kurze Abwesenheit eingemottet da und wartet treu auf unserer Rückkehr. Schade, dass wir Abreisen, denke ich. Jetzt, wo er so sauber ist.

Die Fähre – Zwei Missverständnisse

Wir sind spät dran und nehmen das Taxi zur Fähre. Man soll spätestens zwei Stunden vor Abfahrt dort sein. Diese Zeitschranke nehmen wir als Nordeuropäer mit 50 % deutschem Anteil sehr ernst! Ich erwarte umfangreiche Einschiffungsprozeduren in einem Fährterminal und allerhand tra tra, das ich von anderen Fähr- und Kreuzfahrten gewohnt bin. Im Terminal pünktlich angekommen, ist die Fähre selbst noch nicht zugegen. Wir kommen zügig zum Schalter, checken ein und werden anschließend mit den Worten gleich wieder verabschiedet, dass wir nun irgendwo Abendessen gehen könnten. In anderthalb Stunden sollten wir wieder da sein.

So machen wir das verwundert und gönnen uns eine tolle Pizza außerhalb des Hafens. Etwas vor der Zeit sind wir wieder zurück im Terminal, nur von der großen Fähre fehlt immer noch jede Spur. Ich werde unruhig. Wenn wir starke Verspätung haben, sind alle Anschlüsse gefährdet. Wir haben einen ausgeklügelten Fahrplan, den wir nicht schon ad absurdum führen möchten, bevor es überhaupt losgeht. Ich schaue auf Marine Traffic, ob ich eine größere Fähre auf dem Weg zu uns finden kann. In der Tat ist da ein Kahn namens RIGEL VII im Anmarsch. Mal abgesehen von dem seelenlosen Namen dieses armen Eimers: Wenn das unser Schiff ist, dann dauert das noch einiges, bis der da ist und es weitergeht. Erst alle ausladen, putzen, aufräumen und uns schließlich feierlich an Bord lassen. Mir geht so einiges durch den Kopf.

Es kommt Bewegung in die Masse vor uns, die mittlerweile im Fährterminal mit uns wartet. Wir setzten uns die Gang und 15 Minuten später stehen wir im Hafen vor einer leeren Rampe. Neben uns warten Autos. Keine Fähre zu sehen, außer der RIGEL VII auf meinem Handy.

Mich beschleicht langsam ein neuer Gedanke. Wir sind ja in Griechenland und ich habe immer wieder in schlaflosen Nächten den Kapitänen der griechischen Fähren auf ihren Brücken bei ihren Hafenmanöver via YouTube zugesehen. Wahrscheinlich nur was für hoffnungslose maritime Nerds. Genau das werden wir hier wohl gleich erleben. Da wird nicht viel Federlesen gemacht. Die Fähre geht ähnlich an die Rampe, wie ich das vor ein paar Tagen mit dem kleinen Clipper auch gemacht hatte. Anfahren, drehen, mit dem Heck zur Rampe, die bereits zu Beginn des Manövers halb heruntergelassen wird. Dann zwei Leinen achtern Backbord und Steuerbord an Land übergeben und fest machen, Maschine leicht vorwärts, stabilisieren und Rampe ganz runter.

Dann laufen zunächst die Fußgänger über die Rampe, danach kommen die Autos. Mit dem letzten Auto geht die Klappe zu und die Fähre verschwindet in Richtung des nächsten Hafens. Das muss nicht lange dauern, manchmal nur 15-20 Minuten und genau so kommt es!

RIGEL VII kommt zur angekündigten Abfahrtszeit um die Ecke, dreht, fährt langsam rückwärts an die Rampe und wir machen uns über Stock und Stein auf den wenig fußgängerfreundlichen Weg, über die große Klappe hoch auf das Autodeck. Das ganze hat einiges mit dem Stop eines Linienbusses an einer Haltestelle gemeinsam und wird hier wohl auch so verstanden.

Während wir so mit all unserem Gepäck über das Autodeck hasten, auf der Suche nach dem Weg zu dem Passagierdeck, beschleicht mich eine zweite deutlich unangenehmere Vorahnung.

Bei der Buchung gab es zur Auswahl Deckpassage und für stolze zweihundert Euro mehr eine Zweierkabine. Filip einigte sich mit mir auf die Deckpassage und ich beruhige mich in der Annahme, dass wir sicherlich dann über Nacht eine Art von bequemem Sitz mit zurück klappbarer Lehne in Anspruch nehmen können, ähnlich wie in Nachtzügen der Unterschied zwischen Schlafwagenabteil und Sitz gemacht wird.

Und genau hier beschleicht mich nun die zweite, aber böse Vorahnung, dass ich an dem Punkt die Rechnung erneut ohne die Realität von griechischen Fähren gemacht habe. Auch hier trog sie leider nicht! Wir erreichen das Passagierdeck, das bereits aussieht wie ein wilder Campingplatz!

Es stellt sich heraus, dass die Fähre auf Korfu nur kurz zulädt, also bereits bei Weitem voller ist, als dass die Menge an Wartenden im Terminal vermuten ließ. Das Schiff ist bereits gut mit dem halben Balkan, inklusive eines nicht zu übersehenden anatolischen Anteils besetzt. Sicherlich gibt es auch die Kabinen, die von einigen glücklichen jetzt über die Rezeption bezogen werden. Auch gibt es die besagten Liegesitze, um wenigstens dort sehr bedingt komfortabel dicht an dicht mit anderen die Nacht zu verbringen. Diese sind aber ebenfalls nur im Voraus buchbar, jetzt schon lange komplett vergeben und standen auch nicht zur Auswahl, als wir uns zum Ticketkauf aufrafften. Die bekannte und geschätzte Gastfreundschaft der hier in der Mehrzahl vertretenen Herkunftsländer schlägt aber, der Situation angepasst, nun angenehm durch. Während Filip auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht ist, passe ich auf das Gepäck auf. Da wird mir von einer vielleicht 60 jähren Frau auf Geheiß ihrer etwas weiter weg sitzenden und dem Aussehen nach doppelt so alten Mutter ein Stuhl aus dem Bestand der Großfamilie zum Sitzen angeboten. Ich nehme gerne und vor allem wegen der freundlichen Geste dankbar an. Wir trennen uns schweren Herzens nach Filips Rückkehr in gewaltigen Abschiedsszenen. Bollywood wäre stolz.

Was danach bleibt, ist genau das, was in der Buchung angegeben war: Eine Passage auf dem nackten Deck, zumindest wenn man nicht in einem Campingstuhl aufrecht schlafen kann, was einige lautstark auch hinbekommen, wie eine betagtere zahnlose Matrone demonstriert, die mich bei diesem Anblick unbeabsichtigt das Fürchten lehrt.

Wir finden uns mit unserem Schicksal langsam ab und müssen erkennen, wie professionell andere mit der für sie nicht überraschenden Situation planerisch umgehen. Da werden großvolumige Luftmatratzen aufgebaut und an Oberdeck sind nicht wenige Zelte zu sehen.

Sogar Hängematten gibt es, die in einer passenden Ecke aufgespannt werden:

Und dann gibt es noch Leute wie uns. Die haben nichts außer einer Tasche, die sie sich unter den Kopf schieben können, das war es. Immerhin hat Filip seine Fitnessmatte mit, die zunächst als Unterlage puren Luxus bietet. Diese ist aber für zwei zu klein, ich versuche es jedoch mal, ich bin hundemüde.

Wer nun glaubt, dass es unter den Deckpassagieren nur mit Tasche keine Unterschiede mehr gibt, geht fehl. Auch unter uns existiert eine Hierarchie, wer den besten Platz hat. Ich luchse gerade noch rechtzeitig einem enttäuscht davon ziehenden Nordeuropäer einen vielversprechenden Platz an Oberdeck unter einem Niedergang ab. Davor hatten wir bereits einen anderen Platz aufgegeben, der sich als zu windig herausstellt. Kurz darauf okkupiert aber ein Vater mit seinen drei Söhnen handstreichartig das Filetstück unseres neuen Territoriums, ausgestattet mit einer professionellen Luftmatratze, mir die Füße vortan entgegenstreckend.

Es ist zudem recht laut, um uns herum sind viele Raucher und Kinder Spielen fangen, was einer unbeschwerten Nachtruhe neben einigen anderen Umständen deutlich im Weg steht. Filip zieht aus und findet das First Class Abteil ohne Aufpreis für Deckpassagiere ohne Zelt, Luftmatratze oder Hängematte. Es ist der klimatisierte Gang vor den Schlafkabinen, der neben Ruhe noch viel Freifläche auf dem Boden aufweist und einen relativ weichen Teppichboden besitzt, welcher uns beiden eine bessere Unterlage bietet. Dorthin ziehen wir um und ich schaffe es, die Augen mit der Kapuze meines Pullis gegen das helle Licht abgeschirmt, stolze 3–4 Stunden am Stück zu schlafen. Leider tut sich Filip deutlich schwerer. Immerhin brauche ich hier nicht selbst fahren, sondern werde mit industriell hergestellten, schnellen 20 Knoten über die Adria geschippert.

Am Morgen besorge ich mir einen Kaffee am Kiosk, dessen extrem unwilliger junger Mitarbeiter mir ein Lehrstück aufgibt, wie man einen Kunden perfekt ignoriert und es gleichzeitig doch schafft, ihn irgendwie halbwegs und unter größtem Unwillen zu bedienen. Ich habe es ja verstanden, er hasst den Job und lässt es auf diese Weise alle wissen.

Die Fähre kommt mit drei anderen großen Pötten in Bari an und wir verlassen das Geschehen, machen uns zu Fuß auf zum Bahnhof. Hierbei laufen wir durch die morgendliche und recht leere Altstadt, die um diese Zeit eine besondere Atmosphäre besitzt. Auch in Bari war ich mit dem Zerstörer, aber ich glaube nur einen Tag zum Proviant aufnehmen. Jedenfalls habe ich auch an diese Stadt aus der Zeit keine Erinnerung.

Bologna und Meran in zwei Zügen

Für unsere anstehenden Zugfahrten haben wir uns erstmals ein Interrail Pass gekauft und mit normalen Ticketpreisen verglichen. Interrail ergibt hauptsächlich dann einen Sinn, wenn man sehr viel an einem Tag fährt, um von A nach dem möglichst weit entfernten B zu kommen. Bei uns ist das jetzt eine Mischung und wir reizen das auf dem Weg gegen Norden nicht voll aus. Dadurch liegt der Preis zwischen den Einzeltickets und dem Interrail Pass gleich auf. Wir machen es dennoch, denn wir haben bei Interrail freie Zugwahl bis wenige Minuten vor der Fahrt. Die Ticketpreise der Einzeltickets waren alle Sparpreise mit Zugbindung, was dann im Grunde ein unfairer Vergleich ist. Sogar auf die Fähre bekommt man, natürlich nur bei der nun etwas in Verruf geratenen Deckpassage 30 % Nachlass, wenn man die richtige nimmt. So verbrauchen wir 3 Tage nach Norden. Filip wird seinen vierten Tag für den Weg in die Slowakei nutzen, um den kompletten Weg zum Boot an nur einem, nämlich seinem fünften Tag wieder zurückzukommen. Das ist dann extrem, aber wirklich günstig. Ich habe nur 4 Tage gekauft und werde den Letzten nach Hamburg ausgeben, um dort noch eine Woche in dem Büro der Firma zu arbeiten, bei der ich angestellt bin.

Der erste Zug kommt, wir haben unsere Interrail Verbindung gewählt und los gehts auf dem Weg nach Bologna, wo wir einen Zwischenstopp geplant haben. Wir kommen an, beziehen ein cooles Hostel und ziehen los, um uns diese neue Stadt anzusehen. Wow, ist das schön hier. Die Arkaden sind Weltkulturerbe und die weitläufige Altstadt ist der absolute Hammer!

Nach dem obligatorischen Restaurantbesuch verbringen wir eine Nacht in einem klimatisierten Raum und sind regelrecht erholt, als wir am Morgen relativ früh wieder am Bahnhof stehen. Ziel dieses Tages ist Meran und genauer Naturns, wo wir uns 5 Tage aufhalten, da mein Geburtstag naht und wir zu diesem nahenden Ereignis noch etwas Besonderes machen wollen. Am Jubeltag selbst sind wir auf der Hochzeitsfeier von Markus & Diana von der Segelyacht Miss Sophie eingeladen, worauf wir uns sehr freuen. Deswegen schalten wir diesen Aufenthalt für uns noch davor. Auf dem Weg zum Zimmer denke ich noch, dass der Teppichboden hier auch reichlich komfortabel zum Schlafen wäre, man achtet aufgrund der jüngsten Ereignisse neuerdings auf spezielle Details, da geht auch schon die Zimmertür auf. Wir haben ein Zimmer und ein richtiges Bett, ist auf die Dauer dann doch von nicht zu unterschätzenden Vorteil.

Es vergehen 5 Tage tolle Tage in diesem komplett veganen Hotel, in dem morgens ein entsprechendes Frühstücksbuffet dasteht, dass man gar nicht aufhören möchte. Am Abend aber wird dann jeden Tag nach unseren 2–3 Gängen in der Sauna und dem anschließenden kalten Bad im Gartenteich …

…ein fünf gängiges veganes fine dining Menü aufgetragen, dass es einem die Sprache verschlägt. So etwas habe ich noch nicht erlebt, keiner möchte mehr abreisen. Das könnte gerne so weitergehen.

Dass Meran natürlich ein toller Ort ist, ist ja weitläufig bekannt. Die Apfel- und Weinernte steht kurz bevor. Wir wandern buchstäblich unter Weintrauben von Naturns nach Meran.

Die Bahnodysee

Schließlich müssen wir uns dann aber doch von diesem Paradies lösen. Am Freitag, dem 09.09. wollen wir mit Bahn weiter nach Heidelberg fahren. Wir sind pünktlich am Bahnhof, leider fällt der erste Zug aus. Merkwürdig für diese heile Welt, jemand erzählt was von Personalmangel. Es fährt ein Ersatzzug, der uns den Anschluss in Bozen erreichen lassen sollte. Dort angekommen, realisieren wir eine neue Situation. Die italienische Bahn streikt! Es fahren kaum Züge. Fast will ich schimpfen, dass das beim Fliegen nicht passiert wäre. Wir finden aber einen Streikkalender im Internet, in dem die ausstandsfreudigen Italiener gut organisiert darstellen, wann, was nicht funktioniert. Ein paar Tage später streikt man landesweit im Luftverkehr. Das ist also nicht die ultimative Vermeidungsstrategie. Man muss halt den richtigen Tag erwischen und informiert sein, egal mit welchem Verkehrsträger. Wir finden uns vor dem Bahnhof wieder, wo wir mit anderen zumeist deutschen auf einen Bus warten, der von der natürlich überforderten und auch nicht viel schlaueren Auskunftsstelle angekündigt wurde.

Der Bus kommt nicht, aber die Hoffnung wird größer, dass ein Zug nach München über Innsbruck fährt, der sich auf der Anzeigetafel als einer der wenigen hartnäckig weigert, ebenfalls als ausgefallen zu gelten. Zu unserer Erleichterung kommt dieser Zug als einer von schließlich dreien tatsächlich, wo sonst täglich zehn Züge nach Österreich fahren. Genau so sieht das dann auch aus. Wir kennen uns damit ja bereits aus. Es gibt einen leidlich bequemen Teppichboden, aber hier bedeutend weniger Platz.

Manche müssen stehen, da am Boden zum Sitzen nicht für alle Platz ist. Auch hier sind wir wieder in der nur im direkten Vergleich luxuriösen Situation, irgendwie sitzen zu können. First Class sozusagen.

Wer jetzt gedacht hätte, dass wir uns damit leidlich zuverlässig in Fahrt Richtung Innsbruck und München befinden, hat die Rechnung nicht mit österreichischen und wahrscheinlich auch deutschen Regeln gemacht. Mit der Ankunft am Grenzbahnhof Brenner verkündet der gut informierte Zugchef überflüssiger Weise, dass man überfüllt sei. Er fährt allerdings in seine Ansprache mit der Anweisung fort, dass nun, der Ordnung und Sicherheit halber, alle aussteigen müssen, die keine Reservierung haben.

Hä?!

Die, die diese Durchsagen mitbekommen, sind zu einem Teil danach in Schockstarre, der Rest versucht das gerade Gehörte erst mal zu ignorieren. Keiner bewegt sich. Die Durchsagen werden wiederholt, die Türen bleiben offen, man erhöht den Druck, indem man verkündet, den Zug so lange stehen zu lassen, bis entweder die Gänge frei sind oder auch dieser Zug ausfällt. Es wird Ersatz mit dem Regionalverkehr nach Innsbruck versprochen und danach weiter mit Bussen, an die keiner mehr glaubt. Dennoch leeren sich die Gänge ein wenig mit den Ersten, die aufgeben und ihr Heil in besagtem Nahverkehr suchen. Dann laufen die Schaffner persönlich durch den Zug, um jeden einzeln direkt aufzufordern, doch auszusteigen. Die gerade noch brillante allgemeine Stimmung ist leicht am kippen. Ich stehe nach so einer Anspreche dann schließlich auch aufgebend vor der Tür. Nur der dickköpfige Filip denkt gar nicht daran, das einzige Transportmittel zu verlassen, das zumindest die eigene Existenz und Fahrbereitschaft bereits unter Beweis gestellt hat. Der Schaffner zieht mit seiner Ansprache dann sogar weiter, um sich mit dem nächsten Dickkopf anzulegen und ich steige schulterzuckend einfach wieder ein. Es vergeht noch einige Zeit, in der dieses Programm so weiter läuft. Der Zug hat sich tatsächlich deutlich gelehrt und nach etwa 45 Minuten gehen endlich die Türen wieder zu und der Zug fährt ab. Die Lage bleibt jetzt entspannter. Handyempfang haben wir in jedem entlegensten Tal. Als der dann weggeht, ist klar: Wir müssen jetzt in Deutschland angekommen sein. Andy Scheuer Gedächtnisfunklöcher denke ich mir erbost. In München erreichen wir dort den wirklich letzten Zug nach Heidelberg, wo wir einigermaßen erschöpft ins Bett sinken, dankbar, dass wir das noch geschafft haben.

Wir erleben eine tolle, bunte und gut gelaunte Hochzeitsfeier bei bestem deutschem Schmuddelwetter an meinem Geburtstag in Heidelberg, mit vielen sehr interessanten Gesprächen, mit noch interessanteren tollen Menschen. Das geht bis spät in die Nacht.

Am nächsten Morgen steht dann die vorläufig letzte Etappe nach Mainz an. Wir sind in Deutschland und ich bin auf alles vorbereitet. Die Bahn macht ihrem aktuellen Ruf alle Ehre, warum sollte es auch ausgerechnet jetzt besser werden? Der ICE nach Mainz fällt, mit schönem Gruß der letzten Verkehrsminister, schon am Vorabend aus. Es wurde ein Ersatz IC angekündigt, von dem am Morgen keine Rede mehr ist. Dafür sind noch mehr Züge gestrichen oder haben ordentlich Verspätung oder fahren aus Protest einfach rückwärts.

Aber wir haben es nicht mehr weit. Ein Regionalexpress bringt uns etwas später und in kurzer Zeit zu unserem Ziel und wir sind im Schoß meiner Familie angekommen. Filip fährt dann wenige Tage später zu seinem Schoß, er ist das zweite Mal Onkel geworden und er macht seine Aufwartung. So findet eine außerordentlich wechselhafte, mit sehr gegensätzlichen Eindrücken versehene Rückreise ein Ende.

Anfang Oktober fahren wir unabhängig voneinander wie geplant und gebucht zurück auf das Boot. Danach ergeben sich allerdings umfangreiche Planänderungen, von denen zu berichten sein wird, sobald sie Realität sind.

Ein Gedanke zu „Von Korfu nach Heidelberg – Abenteuer mit Fähre und Zug“
  1. Moin Matthias, wieder sehr lesenswert dein neuester Block. Bin gerade mit Bianka von einem Törn in Sardinien zurück. Dort hatte ich sehr ähnliche Erfahrungen machen müssen in Bezug auf „Hochglanz polierte Grazien“ 🙂 Statt Neid hat man da eher „Mitleid“ 🙂 Übringes auf der Fähre von „Moby“ von Sardinien nach Genua sieht es nicht viel anders aus als von dir im Block beschrieben 🙂 In diesem Sinn viele liebe Grüße Daniel

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